Marketing wird digital: Von online zu stationär heißt das Ziel

Das EHI-Marketing Forum Handel 2017 versteht sich als Trendforum für erfolgreiche Werbung und PR im Handel. Der Trend ist unverkennbar: Marketing wird digital. Branchen-Vertreter von Breuninger, Ernsting´s Family oder Dodenhof berichteten über ihre erfolgreichen Strategien: Influencer-Marketing, digitale Mitarbeiter Kommunikation und Verlängerung der Verkaufsfläche

Dass die Werbung digitaler wird, lässt sich schwarz auf weiß im vorgestellten EHI-Marketingmonitor nachlesen. Ute Holtmann zeigte die Wachstumsraten der Online-Kommunikation auf. Online-Marketing mauserte sich in den letzten fünf Jahren von knapp 6 Prozent auf 17,5 Prozent, dagegen erlebten gedruckte Anzeigen einen dramatischen Rückgang um fast 14 Prozent im selben Zeitraum. Stabil bleiben Maßnahmen am POS mit einem Anteil von rund 11 Prozent. Insgesamt gibt der deutsche Einzelhandel 3,4 Prozent seines Bruttoumsatzes für Werbung aus, nur noch 48 Prozent werden davon für klassische Printwerbung ausgegeben.

Den `Flurfunk´ übernehmen 50 Mitarbeiter
Digitalisierung nimmt im Modehause E. Breuninger eine prägnante Rolle ein. Nicht nur im Verkauf und Marketing, sondern jetzt auch in der internen Kommunikation. Christian Witt, Direktor Corporate Communications, stellte die Entwicklung vor, die bereits 1912 mit `Der Interne´ begann. Das Mitarbeiter-Magazin wurde 2012 durch Intranet erweitert und 2017 als B-Inside-App realisiert. „Die interne Kommunikation hat eine hohe Bedeutung für die Motivation der Mitarbeiter. Daher fahren wir im Moment das Magazin, Intranet und die App als Pilotprojekt parallel, um alle Mitarbeiter mitzunehmen.“ Zahlreiche Rubriken zeichnen die Mitarbeiter-App aus: Speiseplan, aktuelle Infos, mit dem Smartphone gedrehte Kurzvideos vom CEO, Umfragen, Betriebsrat, Rabattaktionen oder Gewinnspiele mit Spaßfaktor. Für den `Flurfunk´ mit News aus den einzelnen Filialen wurden 50 Mitarbeiter als Redakteure geschult. „Unser Ziel ist es pro Tag 20 Nachrichten zu übermitteln, die auf allen mobilen Geräten, aber auch auf PCs gelesen werden können – allerdings nur in Pausenzeiten oder zu Hause. Voraussetzungen sind WLAN in allen Häusern, die Beachtung der Compliance und natürlich spannender Content. Wenn alles weiter so gut klappt, wird die Mitarbeiter-App 2018 alle anderen internen Kommunikationsmittel ersetzen“, ist Witt zuversichtlich.

Kostenloses Influencer-Marketing mit Familien-Bloggern
Die Zielgruppe von Ernsting’s Family ist klar definiert: „Wir haben konsequent die Familie im Blick“, bestätigte Marcello Concilio, Kommunikationschef des Unternehmens mit rund 1800 Filialen im deutschsprachigen Raum. „Wir erweitern nicht mehr in der Fläche, sondern gehen online unseren Expansionsweg. Seit Jahren arbeiten wir mit Bloggerinnen und wenigen Bloggern zusammen – so hießen die früher, heute Influencer. Aufgrund der jahrelangen guten Beziehungen zu ihnen läuft vieles noch kostenlos, sprich ohne Honorar.“ Die Familien-Bloggerinnen erhalten pro Saison Mode-Päckchen und werden zur Kollektionsvorstellung mit professionellem Fotoshooting eingeladen. Beispielsweise nach Mallorca oder Disneyland. „Authentisches Urlaubsfeeling mit Spaßfaktor, das ist unser Erfolgsrezept“, erklärt Kathrin Pruisken, Social-Media- und Content-Managerin bei Ernsting’s Family. „Die Mädchen posten pro Saison bis zu 165 Beiträge und das beschert uns rund 200.000 Likes und weit über 2000 Kommentare.“ Damit nicht genug: dieses Jahr wurde der Eltern-Blogger-Award 2017 in Partnerschaft mit Deichmann ins Leben gerufen. Über Online-Befragungen wurden zuerst die Top 10 ermittelt und daraus gewannen die ersten drei Bloggerinnen Geldpreise (www.ernstings-family.de/blog). Trotz des Erfolgs: „Das Marketing- und Werbebudget wurde nicht erhöht, sondern die digitale Kommunikation geht zu Lasten der klassischen Werbung“, bestätigte Marcello Concilio. Und personell? „Influencer-Marketing wird bei uns von drei Mitarbeitern betreut, die aber auch andere Dinge im Unternehmen erledigen.“

Marketing wird digital
Ein neues Einkaufserlebnis durch digitale Vernetzung will die Dodenhof Posthausen KG erreichen. Aber sanfter. „Unsere Kundschaft – durchschnittlich um die 50 Jahre – schaut erst mal online was sie braucht und dann kommen sie ins Geschäft. Daher heißt unsere Zukunft des Handels: stationär plus online plus Katalog“, erklärt Oliver Breitfeld, Bereichsleiter E-Commerce. Denn seit je her erhalten die Dodenhof-Kunden jede Woche Beilagen. Das sind gelernte Prozesse für Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen. Die logische Schlussfolgerung lautet: „Wir verlängern eine Beilage digital. Seit dem 14. September ist der Katalog live mit einem kleinen Onlineshop verbunden. Der Kunde findet die Angebote online und auf der Fläche präsentiert und damit können wir ein durchgängiges Einkaufserlebnis bieten. Zudem wollen wir durch Online-Marketingmaßnahme Leute in die Geschäfte locken.“ Zu den erfolgreichsten Produkten gehörten bisher Dirndl, die aber von Bayerinnen gekauft wurden, statt von den eigenen Kunden – ein Beispiel, dass Internet anders funktioniert! Super erfolgreich sei die Online-Terminvereinbarung, die aus der E-Commerce raus gesteuert wird. Vor allem in den Bereichen Brautmode, Laufschuhe, Beauty oder Küchen zieht das Online-Angebot Kunden in die Geschäfte. Finanziert wird die digitale Kommunikation durch eine Umschichtung des Marketingbudgets: 10-15 Prozent der klassischen Werbung wird bei Dodenhof für mobil ausgegeben. Oliver Breitfeld empfiehlt zum Schluss: „Gucken Sie auf das, was die eigene Organisation leisten kann, hören Sie nicht auf die Agenturen; denn Neues hat keinen Zweck, wenn die Mitarbeiter das nicht mittragen.“